Das bedroht jeden Leopardgecko: Cryptosporidien - Parasiten, für die es keine Heilung gibt.

Cryptosporidien Oozysten Eier Leopardgeckos
Die Oozysten (Eier) von Cryptosporidien. Foto: Prof. Löwenstein

5 Fragen an die Tierärztin Frau Dr. med. vet. Barbara Richter, Dipl. ECVP

 

Frau Barbara Richter ist sowohl promovierte Tierärztin, als auch Veterinärpathologin. Sie ist als Wissenschaftlerin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien tätig und eine der weltweit führenden Expertinnen für Cryptosporidien bei Reptilien. Es gibt vermutlich keine bessere Ansprechpartnerin um die drängendsten Fragen zum Thema Cryptospridien zu stellen:

Karsten: Hallo Frau Dr. Richter, ganz vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview zum Thema Cryptosporidien bei Leopardgeckos nehmen! Was sind Cryprosporidien überhaupt - und warum sind sie eine Bedrohung für Leopardgeckos?

 

Dr. Barbara Richter: Cryptosporidien sind einzellige Parasiten, die in der Magen- und Darmschleimhaut leben und zu lebensbedrohenden Verdauungsstörungen führen können. Sie bilden sehr widerstandsfähige Oozysten (die Eier der Cryptosporidien) aus, die mit dem Kot ausgeschieden werden und sich im Terrarium oder auf Gegenständen, Einstreu, etc. sehr lange halten. Ein Leopardgecko kann sich somit auch ohne direkten Kontakt zu einem erkrankten Tier anstecken, wenn er diese Oozysten verschluckt. Andere Reptilien (vor allem Kornnattern) können sich ebenfalls anstecken, die Cryptosporidienarten der Reptilien sind aber nicht auf Säugetiere oder den Menschen übertragbar.

Die große Widerstandsfähigkeit in der Umwelt ist ein großes Problem bei diesen Parasiten, weil man über alle Gegenstände, aber z.B. auch über Futtertiere und die eigenen Hände die Krankheit übertragen kann. In einer kühlen und feuchten Umgebung können die Oozysten monatelang infektiös bleiben, daher ist eine gute Hygiene mit gründlicher Reinigung und gezielter Desinfektion sehr wichtig.

 

Ein weiteres Problem ist die mitunter sehr lange Inkubationszeit bei Reptilien, d.h. die Tiere sind evtl. schon monatelang infiziert und scheiden Oozysten aus, obwohl sie völlig gesund wirken können. Das birgt die große Gefahr, dass der Erreger unerkannt verbreitet wird.


Dr. Barabara Richter Vet Med Wien Cryptosporidien

 

Frau Dr. Barbara Richter stellt sich vor: "Ich habe in Hannover Tiermedizin studiert und bin dann für eine Doktorarbeit über den Nachweis parasitärer Darmerkrankungen bei Schlangen nach Wien gekommen. So hat meine Spezialisierung für Reptilien und Parasiten angefangen. Selbst halte ich keine Reptilien, ich bin mit ein paar Katzen und Nutztieren auf meinem kleinen Hobbybauernhof und drei Kindern voll ausgelastet."


Cryptosporidien Leopardgecko Erkrankung
Erkrankte Tiere zehren aus und verweigern die Nahrungsaufnahme. Foto: Karsten

Karsten: Es wird immer wieder gesagt, dass man neu erworbene Leopardgeckos nicht gleich ins Terrarium setzen sollte. Erst recht nicht, wenn man bereits andere Leopardgeckos pflegt. Meist wird eine 6-8 Wochen dauernde Quarantäne empfohlen. Warum ist das so wichtig?

 

Dr. Barbara Richter: Eine Quarantäne ist bei Neuzugängen immer sinnvoll, auch in Bezug auf andere Krankheitserreger. Die Tiere sind durch den Transport und die neue Umgebung gestresst und haben eine geschwächte Infektionsabwehr. Es gibt viele Organismen, z.B. Bakterien, die gerade eine solche Chance nutzen um sich zu vermehren. Es ist also sowohl ein Schutz des neuen Tieres, das sich erst einmal erholen und eingewöhnen kann, als auch ein Schutz des bestehenden Bestandes, der nicht mit neuen Krankheitserregern verseucht wird.

Während der Quarantäne kann man gut beobachten, ob das neue Tier normal frisst, nicht an Gewicht verliert und allgemein gesund wirkt. In dieser Zeit kann man auch sehr einfach Kotproben dieses Tieres sammeln und auf Krankheitserreger, vor allem auf Parasiten, untersuchen lassen und das Tier dann gegebenenfalls gezielt behandeln. Es wird empfohlen das Tier erst nach zumindest zwei Kotuntersuchungen, und nur wenn es wirklich gesund wirkt, in eine neue Gruppe zu bringen.

Pipettieren PCR Cryptosporidien Leopardgeckos
Vor der PCR müssen die Proben aufbereitet werden. Foto: Dr. Barbara Richter

Karsten: Bei „normalen“ Flotations Untersuchungen von Kotproben werden Cryptosporidien oftmals nicht entdeckt. Warum eigentlich? Welche Möglichkeiten gibt es denn um diese Parasiten nachzuweisen?

 

Dr. Barbara Richter: Die Oozysten der Cryptosporidien können in einer „normalen“ parasitologischen Kotuntersuchung gefunden werden. Allerdings sind sie recht unscheinbar und klein und werden daher eventuell übersehen, wenn nur sehr wenige davon in der Probe vorhanden sind. Es gibt verschiedene Färbeverfahren, die eingesetzt werden um den Nachweis mit dem Mikroskop zu verbessern, z.B. eine Karbol-Fuchsin-Färbung.

 

Bessere Ergebnisse kann man mit Verfahren erreichen, die gezielt Eiweißbestandteile von Cryptosporidien nachweisen, z.B. durch spezielle Antikörper. Dies sind sehr spezielle Untersuchungen, z.B. der Immunfluoreszenztest (IFT) oder der ELISA. Die Wahrscheinlichkeit ein infiziertes Tier zu entdecken, ist mit diesen Verfahren erhöht.

 

Eine ähnlich sensible Methode ist die PCR (Polymerase chain reaction), mit der die Gene der Cryptosporidien nachgewiesen werden. Der besondere Vorteil dieser Methode ist der, dass bei einem positiven Ergebnis die Gensequenz und damit die Cryptosporidienart bestimmt werden kann. Dies ist besonders bei Schlangen wichtig, weil bei ihnen auch Cryptosporidien der Futtertiere (z.B. Mäuse) im Kot gefunden werden, die für die Schlangen völlig ungefährlich sind. Da Leopardgeckos keine Mäuse fressen, ist dies nicht der Fall. Durch eine Artbestimmung wird allerdings die Sicherheit des Untersuchungsergebnisses erhöht.

 

Jede Methode hat gewisse Vor- und Nachteile, und es kommt auf die jeweilige Situation an, welche sinnvoller Weise genutzt werden kann. Für eine routinemäßige Kontrolle eines größeren Bestandes eignet sich z.B. die „normale“ parasitologische Untersuchung, weil sie kostengünstiger ist und auch gleichzeitig viele andere Parasiten nachweist. Bei einem Leopardgecko mit typischen Verdauungsstörungen oder einem Neuzugang bieten sich eher die gezielten Methoden für einen sichereren Nachweis an, obwohl es mit keiner Methode eine 100%ige Sicherheit geben kann.

Karsten: Auf der Seite Ihres Institut kann man das Untersuchungsformular für eine Untersuchung in ihrem Labor herunterladen. Wie sollten die Kotproben gesammelt und zu Ihnen geschickt werden?

 

Dr. Barbara Richter: Es ist sinnvoll den Kot über mehrere Tage zu sammeln, da die Cryptosporidien nicht gleichmäßig, sondern mal mehr und mal weniger stark ausgeschieden werden. Der Kot kann einfach in einem sauberen, wasserdichten und bruchsicheren Probengefäß bis zum Versand kühl gelagert werden. Da die Oozysten so widerstandsfähig sind ist auch eine längere Lager- und Versanddauer kein Problem.

In manchen Fällen sind auch Sammelproben von verschiedenen Tieren sinnvoll, z.B. wenn ein paar Leopardgeckos zusammen in einem Terrarium leben oder direkten Kontakt hatten.

 

Bei Einsendung mehrerer Proben ist eine gut leserliche Beschriftung der Probengefäße wichtig, und auf dem Untersuchungsformular oder einem formlosen Anschreiben sind vor allem die Adresse des Einsenders, die Tierart, die Probenart und die gewünschte Untersuchung anzugeben. Angaben zum Untersuchungsgrund (z.B. Neuzugang, Routinekontrolle, Abmagerung) können bei der Interpretation der Untersuchungsergebnisse und bei einer wissenschaftlichen Auswertung unserer Methode helfen. Wir haben auch eine Seite zu den am häufigsten gestellten Fragen und den Kosten für die Untersuchung erstellt.

PCR Thermocycler Leopargeckos
In Thermocyclern läuft die PCR ab. Foto: Dr. Barbara Richter

Karsten: Wenn in der Kotprobe der Nachweis für Cryptosporidien erbracht wurde (man spricht dann von einem „positiven Befund“ oder einem "Leopardgecko C+"), wie sollte der Halter reagieren? Sind infizierte Tiere immer auch krank?

 

Dr. Barbara Richter: Positiv getestete Tiere sind vermutlich lebenslang infiziert, müssen aber nicht unbedingt ausgeprägte Krankheitsanzeichen entwickeln. Bei guter Haltung und Pflege können diese Tiere eventuell jahrelang ein normales Leben führen. Auch Tiere, die bereits Verdauungsstörungen oder eine nicht zu starke Abmagerung zeigen, können entsprechend behandelt und wieder aufgepäppelt werden.

 

Wichtig ist jedoch, dass die Tiere wahrscheinlich lebenslang eine Ansteckungsquelle für andere Leopardgeckos und Reptilien darstellen. Sie sollten also möglichst isoliert gehalten werden und auf eine besondere Hygiene sollte geachtet werden. Es ist wichtig, dass gebräuchliche Desinfektionsmittel, z.B. auf Alkoholbasis, keine ausreichende Wirkung auf die Oozysten haben. Nur speziell dafür ausgewiesene Desinfektionsmittel sind wirksam, allerdings sind diese oft auch sehr giftig. Wo immer möglich, bietet sich eine schonendere Desinfektion von gebrauchten Gegenständen z.B. mit kochendem Wasser oder einer Erhitzung im Backofen auf über 60°C an. Das Benutzen von Einmalhandschuhen, die nach jedem Kontakt mit dem Tier oder dem Terrarium entsorgt werden ist auch anzuraten.

 Es kursiert immer wieder das Gerücht, dass sich Cryptosporidien über die Luft verbreiten. Das ist wissenschaftlich nicht bestätigt. Denkbar ist aber eine Verbreitung über Fruchtfliegen oder Gegenstände, z.B. Pinzetten, mit denen die Oozysten zwischen verschiedenen Terrarien verschleppt werden. Wenn die Terrarien in unterschiedlichen Räumen aufgestellt werden, ist eine versehentliche Verschleppung unwahrscheinlicher.

 

Tierschutzrechtlich ist ein positives Untersuchungsergebnis alleine kein Grund für die Tötung eines gesund erscheinenden Tieres. Natürlich muss unbedingt darauf geachtet werden, dass Cryptosporidien-freie Tiere sich nicht anstecken können.

 

Karsten: Vielen Dank für die wertvollen Informationen!

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Kommentare: 1
  • #1

    Roberto (Montag, 25 September 2023 02:20)

    Schöner Artikel. Aber überarbeitungsfähig. Unteranderem fressen Leopardgeckos Baby Mäuse. Die verfütterung kann sogar die Supplementierung komplett ersetzen. Aber das ist eine Variante für Erfahrene. Ich mache das jetzt schon seit zwei Jahren so. Meine Geckos haben keinerlei Mangelerscheinungen.